Die Übernahme durch eine große, international agierende Unternehmensgruppe ist ein ganz besonderer Meilenstein im Leben eines Start-ups. Die Gründer sind einen langen Weg gegangen, haben gemeinsam mit ihren Mitarbeitern ihr Business entwickelt, an ihren Produkten und Dienstleistungen gefeilt und das Interesse eines großen Unternehmens geweckt. Doch wie lässt sich beurteilen, ob der potenzielle Käufer zum eigenen Unternehmen passt? Und sind hinterher alle Beteiligten glücklich?
Adil Nasri, CEO von veniture – Part of the Adaptavist Group. Veniture, gegründet im Jahr 2016 in Köln, hat sich als schnell wachsender Atlassian-Partner einen Namen gemacht. Ende 2022 wurde veniture von The Adaptavist Group (TAG) übernommen, ein führendes Tech-Unternehmen und einer der größten Arbeitgeber Großbritanniens. Mit dem gesamten Prozess der Übernahme waren beide Seiten sehr zufrieden. Adil Nasri steht uns Rede und Antwort und gibt Tipps, was seiner Meinung nach entscheidend ist, damit eine Übernahme gelingt.
Das war für uns tatsächlich das detaillierte Reporting-System von TAG, an das wir uns gewöhnen mussten. Als kleines Unternehmen hatten wir immer einen guten Überblick über unser Business, ohne dass wir dazu viele Kennzahlen gebraucht hätten. TAG hingegen ist ein sehr großes Unternehmen mit einem wirklich detaillierten Reporting-System. Deshalb mussten wir für uns völlig neue und komplexe Metriken entwickeln. Ohne diese hätte TAG unser Business gar nicht verstehen können. Heute wissen wir, dass sich die Einführung dieser neuen Parameter durchaus gelohnt hat – nicht nur in der Due-Dilligence-Phase, sondern auch langfristig. Wir haben nicht nur viel dazu gelernt, sondern auch Einblick in die Corporate Best Practices bekommen. Und natürlich hat uns das detaillierte Kennzahlensystem auch geholfen, unser eigenes Business besser zu beurteilen.
Für mich ganz klar: Der Mensch hinter den Kennzahlen. Natürlich geht gerade in so einem Übernahmeprozess nichts ohne Metriken, Parameter und Reports. Doch die Kennzahlen allein nützen nichts ohne die Mitarbeiter, die sie interpretieren und anwenden. Und gerade solch ein Prozess, wo sich beide Seiten kennenlernen – sowohl von der Business- als auch von der menschlichen Seite her – ist eine Chance. Wir haben frühzeitig Teams mit Mitarbeitern aus beiden Unternehmen zusammengestellt, die jeweils aus verschiedenen Bereichen kamen. Über gemeinsame Events oder gegenseitige Besuche und Workshops lernten wir uns kennen und verstanden die Werte der Gegenseite. Uns hat der persönliche Kontakt und das gegenseitige Verständnis sehr dabei geholfen, dass wir uns bei der Übernahme durch TAG sicher und wohl fühlten. Ich kann es deshalb nur empfehlen, vom ersten Moment an zusammenzuarbeiten.
Sicher. Uns hat beispielsweise die frühe Integration in die Kommunikationskanäle von TAG geholfen, Barrieren abzubauen und eine Umgebung zu schaffen, in der wir alle gerne und nahtlos zusammenarbeiten konnten. Gleich nachdem wir z. B. in die Slack-Kanäle von TAG aufgenommen wurden, waren wir Teil der TAG-Prozesse und wurden auch zu unternehmensweiten Meetings eingeladen. So bekamen wir recht schnell ein Gesamtbild des Unternehmens und der Strategie der Gruppe. Auch die Einladung zur Jahresabschlussfeier in Spanien – direkt einen Monat nach der offiziellen Übernahme – zeigte uns die Wertschätzung von TAG. Wir fühlten uns wirklich willkommen und als Teil einer großen Familie.
Ja, habe ich! TAG hat uns recht früh im Akquise-Prozess einen Integrations-Manager zur Verfügung gestellt. Dieser war im gesamten Unternehmen nicht nur gut vernetzt, er navigierte uns auch durch die komplexen Unternehmensstrukturen, half uns, Probleme anzusprechen und stellte den Erstkontakt zu vielen Mitarbeitern von TAG her. Er hat uns und unsere Bedürfnisse, aber auch unsere Bedenken verstanden. Mehr noch: Er war fast wie ein großer Bruder, hielt schützend die Hände über uns und bewahrte uns vor der kompletten Überforderung, indem er zwischen TAG und uns vermittelte. Er half uns, unser ganz eigenes Tempo für den Übergang zu finden. Dabei war er stets neutral und sorgte für Balance zwischen beiden Parteien. Ein Integrations-Manager, der aus dem Unternehmen stammt, dass übernimmt, hilft den Mitarbeitern im Unternehmen, das übernommen wird, wirklich sehr. Deshalb ist dies tatsächlich mein persönlichster Rat an alle, die sich in ähnlichen Situationen befinden.
Wir haben uns bewusst gegen den gängigen Ansatz entschieden, den Integrationsfortschritt mit formalen Parametern zu beurteilen. Für uns war es wichtig, Vertrauen aufbauen und die Vorteile aufzuzeigen, die wir alle von der Übernahme haben. Deshalb tauschten wir beispielweise teamübergreifend Templates aus, um Synergien zu nutzen. Und wir arbeiteten gemeinsam an Projekten. Das hat uns gezeigt, was für ein enormes Expertenwissen bei uns allen zusammengekommen ist. In gemeinsamen Workshops haben wir analysiert, in welchen Bereichen wir die größte Wirkung erzielt haben. Die guten Ergebnisse waren so für alle sichtbar: Am besten waren wir in der Zusammenarbeit aller Teams und der nahtlosen Integration von Daten und Prozessen. Statt um nackte Zahlen ging es uns um die Gestaltung eines positiven und effizienten Arbeitsumfelds für alle Beteiligten. Deshalb kann ich jedem Start-up nur raten: Vertraut eurem Bauchgefühl und gestaltet euch die Übernahme so, dass sich alle Beteiligten wertgeschätzt fühlen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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