Ein Gastbeitrag eines Marketing-Experten von ACAD WRITE
Der Businessplan ist ein wichtiges Instrument für Gründerinnen und Gründer. So dient er zum einen als Instrument zur Akquisition von Kapital, z. B. von Banken oder anderen Investoren. In diesem Zusammenhang hat der Businessplan die Aufgabe, die Informationsasymmetrie zwischen Gründer und Kapitalgeber zu reduzieren. Damit erhält der Kapitalgeber die Möglichkeit, sich einen Eindruck von der Geschäftsidee und vor allem von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit zu machen. Zum anderen übernimmt der Businessplan aber auch Funktionen für den oder die Gründer selbst: So „zwingt“ er die Gründerinnen und Gründer, sich eingehend mit ihrem geplanten Business auseinanderzusetzen, er kann als Instrument zur Orientierung dienen oder die Basis für das Controlling nach der Gründung darstellen.
Dennoch ist das Instrument Businessplan keinesfalls unumstritten. Die Kritik bezieht sich z. B. auf den Umstand, dass sich die Rahmenbedingungen sehr schnell ändern und solide Prognosen über den Absatz oder den Umsatz nicht gegeben werden können. Kritisiert wird auch, dass der Businessplan eben nur ein Plan sei, der in der Praxis nur selten eine Realisierung erfahre. Schließlich wird argumentiert, dass die Zeit und das Geld, die in die Erstellung des Businessplans fließen, an anderer Stelle sinnvoller investiert werden könnten.
Vor diesem Hintergrund werden Alternativen zum Businessplan diskutiert. Eine dieser Alternativen möchten wir Ihnen an dieser Stelle vorstellen: den Geschäftsmodell-Ansatz.
Ein Geschäftsmodell beschreibt auf prägnante und abstrakte Weise die Logik sowie die Funktionsweise eines Unternehmens. Insbesondere erklärt ein Geschäftsmodell, welche Leistungen welchen Kundengruppen angeboten werden sollen, welche Voraussetzungen dafür im Unternehmen gegeben sein müssen und wie das Unternehmen plant, Geld zu verdienen. Um Geschäftsmodelle zu beschreiben und zu analysieren, werden in der Regel Modelle bzw. Raster genutzt. Eines dieser Modelle ist das sogenannte Business Model Canvas (BMC). Dieser Geschäftsmodellansatz beschreibt das Geschäftsmodell über neun Elemente, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen.
Das Business Model Canvas, auch kurz BMC genannt, liest und bearbeitet man am besten von rechts nach links: Bei dieser Vorgehensweise ist sichergestellt, dass immer vom Kunden ausgegangen und das eigene Unternehmen nicht am Kunden vorbei geplant wird. Insofern bezieht sich das erste Element auf die Kundensegmente (Customer Segments), d. h. diejenigen Kundengruppen, für die das geplante Unternehmen Leistungen anbieten möchte. Bei diesem Element muss das Gründerteam die Frage beantworten, ob mit der Leistung des Unternehmens der Massenmarkt bedient wird oder ob sich der Markt in unterschiedliche Teilbereiche differenzieren lässt, für die unterschiedliche Leistungen angeboten werden sollen.
Möglich ist zum Beispiel eine Segmentierung anhand des Alters, des Geschlechts, des Einkommens oder anderer Kriterien. In engem Zusammenhang mit den Kundensegmenten ist das Wertangebot als zweites Element zu planen. Das Wertangebot (Value Proposition) beschreibt die Produkte und/oder Dienstleistungen, die den einzelnen Kundensegmenten angeboten werden sollen. Darüber hinaus sollten sich die Gründerinnen und Gründer aber auch überlegen, welchen Wert sie mit ihren Leistungen für den Kunden schaffen. Ein Wert für den Kunden ist z. B. eine vollständig neue Leistung, die so auf dem Markt noch nicht existiert, oder ein Produkt, das das Leben oder die Arbeit vereinfacht. Mögliche Werte für die Kundinnen und Kunden können zum Beispiel sein:
Über die Kundenkanäle (Channels) als drittes Element legen die Gründerinnen und Gründer fest, wie die Kunden erreicht werden sollen. Dabei wird der gesamte Kaufprozess betrachtet: Wie wird der Kunde auf das Produkt aufmerksam? Wie kann der Kunde das Produkt erwerben? Wie erhält der Kunde das Produkt und wie kann er nach dem Kauf mit Serviceleistungen unterstützt werden? Damit in Zusammenhang steht die Kundenbeziehung (Customer Relationship) als viertes Element. Sie beschreibt die Art und Weise der Interaktion mit den Kunden. Mögliche Varianten sind die direkte Kommunikation mit dem Kunden am Point of Sale oder über ein Call Center, automatisiert bereitgestellte Leistungen oder eine Unterstützung durch Communities.
Für die Herstellung der Produkte oder das Anbieten von Dienstleistungen sind im Unternehmen bestimmte Voraussetzungen zu schaffen. Diese werden über das Element Schlüsselressourcen (Key Resources) abgebildet. Dazu zählen physische Ressourcen, z. B. Maschinen oder Gebäude, intellektuelle Ressourcen wie etwa Patente oder Partnerschaften sowie menschliche und finanzielle Ressourcen. Eine weitere Voraussetzung stellen die Schlüsselaktivitäten (Key Activities) dar, die beschreiben, welche wesentlichen Prozesse ein Unternehmen umsetzen muss, damit das Geschäftsmodell funktioniert. Häufig werden für die Umsetzung einer Geschäftsidee Kooperationspartner und vor allem Lieferanten benötigt. Diese werden mit dem Element Schlüsselpartnerschaften (Key Partners) erfasst.
Die beiden letzten Elemente beziehen sich auf die mit dem Geschäftsmodell anfallenden Kosten (Cost Structure) und die Einnahmequellen (Revenue Streams).
Der Mehrwert des Canvas-Geschäftsmodells liegt in der mit der Erstellung einhergehenden Kommunikation zwischen den Gründerinnen und Gründern. So sollte das Geschäftsmodell nicht ‚im stillen Kämmerlein‘ ausgefüllt und als reine Pflichtübung betrachtet werden. Vielmehr kann die Erstellung als Chance gesehen werden, sich im Team Gedanken über die zentralen Aspekte des künftigen Unternehmens zu machen – und gegebenenfalls auch unterschiedliche Ansichten im Team offenzulegen und zu diskutieren.
Dazu bietet es sich an, eine Canvas-Vorlage großformatig auszudrucken und die einzelnen Elemente mit Stichpunkten zu konkretisieren. Hilfreich können dazu Post-Its sein, da die Erstellung ein iterativer Prozess ist. Das heißt, dass unter Umständen nach der Definition des Wertangebotes die Kundensegmente nochmals geschärft werden können oder sollten. Bedient das Unternehmen unterschiedliche Kundensegmente, so bietet sich weiterhin die Verwendung unterschiedlicher Post-It-Farben an, die dann jeweils auch in den Elementen Kundenkanäle, Kundenbeziehung und Wertangebot beibehalten werden.
Ein zusätzlicher Mehrwert ist gegeben, wenn das Gründerteam schon über erste freundlich gesonnene Referenzkunden (‚friendly users‘) verfügt. Diese können in den Erstellungsprozess eingebunden werden und insbesondere zu den vier rechten Elementen (Revenue, Kundenkanäle, Kundenbeziehung und Wertangebot) hilfreiche Erkenntnisse liefern. Falls in einem Gründerteam die Gefahr besteht, dass Diskussionen ausufern und nicht immer zu den gewünschten Ergebnissen führen, kann der Erstellungsprozess eines Geschäftsmodells auch durch einen externen Moderator unterstützt werden.
Da das Canvas letztendlich ein Hilfsinstrument darstellt, sind die enthaltenen Elemente nicht als vollumfassend und abschließend zu beurteilen. Falls das Team der Ansicht ist, dass zusätzliche Elemente aufgeführt werden sollten (z. B. ein Element „Team“ oder „Meilensteine“), kann dies ohne großen Aufwand realisiert werden.
Und schließlich kann dieser Geschäftsmodell-Ansatz auch das Bindeglied zu anderen Instrumenten und Ansätzen darstellen. So können die einzelnen Elemente und vor allem deren Beziehung zueinander als Hypothesen aufgefasst werden, die es in der Folge zu überprüfen gilt (z. B. durch den auf Eric Ries zurückgehenden MVP-Ansatz, wobei MVP für Minimum Viable Product, „minimal überlebensfähiges Produkt“, steht).
Wie die bisherigen Ausführungen deutlich gemacht haben, kann durch das Geschäftsmodell Canvas die Grundidee des geplanten Unternehmens sehr gut, sehr prägnant und vor allem auch übersichtlich erfasst werden. Das mit einer Canvas erstellte Geschäftsmodell bietet darüber hinaus ein hervorragendes Instrument zur Diskussion, und zwar zum einen intern im Team und zum anderen auch extern gegenüber Partnern oder anderen Akteuren.
Weiterhin kann das Geschäftsmodell Canvas leicht und einfach modifiziert werden. Damit besteht die Chance, dass dieses Geschäftsmodell zum lebendigen Dokument wird, welches das Unternehmen nicht nur im Rahmen der Gründung, sondern auch danach unterstützt. Auch erfordert der Umgang mit diesem Geschäftsmodell-Ansatz keine Einarbeitungszeit, da das Konzept grundsätzlich intuitiv erschlossen werden kann. Damit können auch Gründer/innen ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund eigenständig an ihrer Geschäftsidee arbeiten.
Schließlich weist das Canvas-Businessmodell eine logische Struktur auf und zeigt Zusammenhänge zwischen einzelnen Komponenten der Geschäftsidee auf. Dadurch können bisher unter Umständen nicht berücksichtigte Aspekte sehr leicht identifiziert werden. Auch Inkonsistenzen im Geschäftsmodell können durch die Arbeit mit der Canvas aufgedeckt werden.
Die etwas ketzerisch formulierte Frage kann so natürlich nicht beantwortet werden. Letztendlich hängt der Mehrwert eines Tools immer von der zu beantwortenden Fragestellung ab. Braucht ein Unternehmen Kapital von einer Bank oder einem Investor, so führt grundsätzlich kein Weg an einem Businessplan vorbei. Dies liegt in dem Umstand begründet, dass über das Businessmodell Canvas zwar finanzielle Aspekte angesprochen, aber nicht vertieft werden. Insbesondere enthält ein mit dem Canvas erstelltes Geschäftsmodell regelmäßig keine Liquiditätsplanung.
Das ausgearbeitete Businessmodell Canvas hingegen kann aus unserer Sicht vor allem intern für die Gründerinnen einen Mehrwert schaffen, indem sie als Kommunikations- und Gestaltungsinstrument im Rahmen der Gründung und darüber hinaus Verwendung finden kann.
Im Optimalfall kombiniert ein Gründerteam beide Instrumente: Dabei kann das Canvas die Grundlage für die Erarbeitung des Businessplans darstellen, da über das Businessmodell Canvas wesentliche Zusammenhänge erarbeitet und Entscheidungen getroffen werden. Bei der sich anschließenden Erarbeitung des Businessplans werden diese Grundlagen weiter ausgebaut, verfeinert und um andere Aspekte wie z. B. die Unternehmensorganisation oder die finanzielle Planung ergänzt.
Auf diesen Seiten stellen wir Ihnen Businessplan-Tools und Handbücher vor, die wir für Sie im Web – ohne Gewähr – recherchiert haben. Damit Sie gut informiert in Ihre Gründung starten können!
Hinter Gründerblatt selbst steckt ein praxis- erprobtes Netzwerk an Berater/innen, die Sie gerne auch persönlich bei Ihrer Gründung begleiten. Diese Dienstleistung ist kostenpflichtig, kann aber unter bestimmten Konditionen im Rahmen von geförderten Beratungen bis zu 80 % bezuschusst werden.
Mehr zu unserem Beratungsangebot:
Übrigens: Über die „Förderung unternehmerischen Know-hows“ des BAFA können Sie sich auch eine professionelle Unterstützung und Beratung unmittelbar nach Ihrer Gründung fördern lassen – so umschiffen Sie die ersten Hürden, die oft zu Beginn einer Selbständigkeit auftreten!
Viel Erfolg mit Ihrer Existenzgründung!